Urheberrechtsverletzung an einer Schule und die Wiederholungsgefahr

Der Bundesgerichtshof hatte sich u.a. mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang sich die Wiederholungsgefahr aus einer an einer Schule begangenen Urheberrechtsverletzung auf andere Schulen erstreckt.

Uli Stein Cartoon urheberrechtswidrig auf Schulhomepage veröffentlicht

Die Lizenznehmerin des Künstlers Uli Stein stellte fest, dass auf einer Schulhomepage eines seiner Cartoons urheberrechtswidrig veröffentlicht wurde. Das Land als Betreiber der öffentlichen Schule wurde daraufhin wegen der Urheberrechtsverletzung abgemahnt zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Der Cartoon wurde sodann von der Homepage der Schule entfernt. Der stellvertretende Schulleiter Schule gab die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, fügte allerdings handschriftlich „Albert Schweizer Gymnasium“ anstelle „das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Ministerien für Kultus, Jugend und Sport“ ein.

Das Landgericht Stuttgart hielt die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung für nicht ausreichend und verurteilte das Land Baden-Württemberg zur Unterlassung, Schadensersatz und zum Ersatz der Abmahnkosten.Das Land Baden-Württemberg legte gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart Berufung zum Oberlandesgericht Stuttgart ein. Das Oberlandesgericht Stuttgart hielt die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung für ausreichend und gab der Berufung statt.

Unterlassungserklärung einer Schule ist unzureichend

Der Bundesgerichtshof entscheid im Revisionsverfahren nun, dass die von der Schule abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung unzureichend war. Verpflichtet sei das Bundesland Baden-Württemberg und nicht die Schule als solche. Dies gehe aber aus der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Überschrift „Albert Schweizer Gymnasium“ nicht hervor.

Verletzungshandlung einer Schule begründet Wiederholungsgefahr aller Schulen im Bundesland

Ferner stellt der Bundesgerichtshof klar, dass sich die durch die erstmalige Schutzrechtsverletzung begründete Wiederholungsgefahr nicht nur auf die Schule erstreckt, an der die Verletzung begangen wurde, sondern auch auf alle Schulen im jeweiligen Bundesland. Eine Verletzungshandlung begründe die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, in denen das charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Es sei erfahrungswidrig, dass es sich um einen Einzelfall handele, selbst wenn 4.500 Schulen in einem Bundesland existierten und wenn jede der einzelnen Schulen einen eigenen Internetauftritt unterhalte. Denn dies lege nahe, dass mit dem erneuten Vorkommen der beanstandeten Verletzungshandlung zu rechnen sei. Dies sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das beanstandete Cartoon zu Illustrationen Auflockerung eines schulischen Internetauftritts verwendet worden sei und der Gegenstand, die humoristische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der digitalen Welt, in unmittelbarem Zusammenhang zum betroffenen Medium und seinen Nutzern, den Erwachsenen und Jugendlichen Schule Angehörigen, stehe. Es liege nahe, dass andere Schulen zur ansprechenden Gestaltung ihrer Internetauftritte in gleicherweise verfahren würden und Urheberrechtsverletzungen, wie die streitgegenständliche, begingen. Mangels hinreichender Unterwerfungserklärung bestehe die Wiederholungsgefahr fort – und zwar an allen 4.500 öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg.

Quelle: BGH, Urteil vom 22. September 2021, Aktenzeichen I ZR 83/20

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Rechtsanwalt Christopher Pillat, LL.M (Intellectual Property Law)

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