Neue Produktsicherheitsverordnung verschärft Vorgaben für den Handel

Der europäische Gesetzgeber hat mit der „General Product Safety Regulation“ (GPSR) eine neue Produktsicherheitsvordnung (Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit 2023/988 – Verordnung (EU) 2023/988 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 über die allgemeine Produktsicherheit, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 87/357/EWG des Rates (Text von Bedeutung für den EWR) geschaffen, die ab dem 13. Dezember 2024 in Kraft tritt. Ziel des neuen Produktsicherheitsrechts ist es, Verbraucher – insbesondere gefährdete Gruppen wie Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen – vor den Risiken zunehmend digitalisierter Produkte zu schützen und den Herausforderungen neuer Geschäftsmodelle im digitalen Handel zu begegnen. Sie ersetzt die bisherige Produktsicherheitsrichtlinie (RL 2001/95/EG).

Welche Produkte sind von der Produktsicherheitsverordnung betroffen?

Die GPSR gilt für Verbraucherprodukte, also für alle Produkte (neu, gebraucht, repariert), die für Verbraucher bestimmt sind oder „wahrscheinlich” von Verbrauchern benutzt werden. Es wird kein Unterschied zwischen B2B- und B2C-Geschäften gemacht. Die GPSR gilt daher bei B2B-Geschäften, bei denen Verbraucherprodukte verkauft werden. Bestehende spezielle unionsrechtliche Regelungen (z. B. CE-Kennzeichnung) bleiben weiter bestehen; die GPSR ergänzt diese.

Wen betrifft die neue Produktsicherheitsverordnung?

Die Verordnung betrifft Wirtschaftsakteure in der gesamten Lieferkette, deren Produkte auf dem Markt der europäischen Wirtschaftsunion angeboten werden. Adressiert sind deshalb Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer/Importeure und Händler, neuerdings aber auch Fulfillment-Dienstleister, also solche für Lagerhaltung, Versand oder Verpackung, und Anbieter von Online-Marktplätzen.

Welche Pflichten müssen nach der Produktsicherheitsverordnung umgesetzt werden?

Die neuen Anforderungen der GPSR betreffen insbesondere Informationspflichten und die Risikobewertung. Die GPSR sieht umfassende Sicherheitsmaßnahmen vor, die den gesamten Lebenszyklus eines Produktes abdecken. Es soll ein einheitlicher EU-Sicherheitsstandard gewährleistet werden. Nachfolgend werden die wichtigsten Pflichten aufgeführt:

Sicherheitsbewertung, Art. 6 – 8 GPSR

Vor der Markteinführung muss jedes Produkt auf seine Sicherheit sowie auf mögliche Gesundheitsgefahren überprüft werden. Dies beinhaltet auch eine Analyse des Verbraucherprofils und der Nutzungsumgebung: Wie wird das Produkt entgegengenommen (Verpackung, beiliegende Instruktionen), gehört der Verbraucher einer vulnerablen Gruppe mit besonderen Sicherheitsanforderungen an (Aufmachung und Produktkategorie), wie wird das Produkt bestimmungsgemäß verwendet (Einwirkung auf andere Produkte), verleitet sein Erscheinungsbild zu einer bestimmungswidrig Verwendung (täuschendes Erscheinungsbild) und kann das Produkt kompromittiert werden (Cybersicherheit). Weitere Ausführungen hier.

Produktangaben, Art. 9 ff. GPSR

Wirtschaftsaktuere müssen Angaben zur Identifizierung, Herkunft sowie Sicherheitshinweise Ihrer Produkte machen. Diese sind in der Regel auf dem Produkt anzubringen. Händler müssen die Einhaltung prüfen und nicht konforme Produkte vom Verkauf ausschließen.

Pflichten im Fernabsatz, Art. 19 GPSR

Werden die Produkte im Online-Handel oder über eine andere Form des Fernabsatzes vertrieben, müssen im Angebot selbst folgende Mindestangaben für den Verbraucher sichtbar aufgeführt sein:

  • Hersteller: Name, eingetragener Handelsname oder die Handelsmarke, Postanschrift und E-Mail-Adresse des Herstellers (zur Kontaktaufnahme)
  • Verantwortlicher: Nur wenn der Hersteller seinen Sitz außerhalb der EU hat: Name, Postanschrift und E-Mail-Adresse des verantwortlichen Wirtschaftsakteurs
  • Produktidentifikation: Abbildung des Produktes, beschreibende Angaben zu seiner Identifizierung (Produktart u.a.)
  • Sicherheitsinformation: Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht verständlich ist

Überwachungspflichten nach dem Inverkehrbringen

Auch nach dem Inverkehrbringen der Produkte sind die Hersteller und übrigen Wirtschaftsakteure für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. Ereignet sich ein Unfall, sind die nationalen Meldestellen über das Unfallereignis umfassend zu unterrichten (Art. 20 GPSR). Gehen Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit der Verbraucher von einem Produkt aus, muss eine Sicherheitswarnung (Art. 35 GPSR) oder ein Produktrückruf (Art. 36 GPSR) ausgesprochen werden. Nach Rückrufen sind dem Verbraucher mindestens zwei der folgenden Maßnahmen kostenlos anzubieten: Reparatur, Ersatz oder Entschädigung (Art. 37 GPSR).

Fazit

Die neuen Vorgaben der GPSR bringen weitreichende Veränderungen für alle Akteure der Lieferkette. Während Hersteller bereits in die Anpassung ihrer Prozesse investiert haben, sollten Händler nun zügig nachziehen. Besonders im Online-Handel ist mit strengen Kontrollen zu rechnen, und Marktplatzbetreiber könnten ab dem 13. Dezember 2024 Produkte sperren, die ohne die erforderlichen Mindestangaben der Verordnung beworben werden. Rechtliche Unsicherheiten bestehen noch bei Altprodukten, die bereits vor dem Stichtag im EWR-Raum verkauft wurden. Die neuen Regelungen sollten deshalb auch hier vorsorglich angewendet werden.

Unsere Kanzlei berät Sie gerne bei der konkreten Umsetzung der Produktsicherheitsverordnung.

FAQ: Was muss bis zum 13.12.2024 getan werden?

  • Beschaffung der erforderlichen Produktinformationen
  • Informationen im Angebot einpflegen
  • JEDER Akteur ist in der Handelskette jeweils einzeln für die Einhaltung ALLER Regeln verantwortlich!

Wichtiger Hinweis: Es sind die eigenen Einkaufsbedingungen und
alle Lieferverträge anzupassen

  • Haftungsfreistellungen für falsche Angaben des Vorlieferanten
  • Haftungsfreistellungen für Schadensersatz, Rückrufkosten etc.
  • Altprodukte….rechtlich nicht geklärt…..aber die großen Plattformen werden nicht unterscheiden