Datenschutzverstöße können teilweise abgemahnt werden

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat im Rahmen eines Berufungsverfahrens entschieden, dass die Informationspflichten nach Art. 13 Abs. 1 lit. a), c), Abs. 2 lit. b), d) und e) DSGVO Markverhaltensregelungen nach § 3a UWG sind.

Worum ging es?

Der Kläger, ein Wirtschaftsverband, verlangt vom Beklagten, es zu unterlassen, im Internet ein Angebot ohne bestimmte Informationen zum Datenschutz vorzuhalten.

Der Beklagte bot im Juli 2018 als gewerblicher Händler auf der Plattform eBay Reifen zum Kauf an. Neben seiner Firma gab er seine Postanschrift, Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse an. Datenschutzhinweise hielt er nicht vor. Der Kläger mahnte den Beklagten erfolglos ab.

Das Landgericht Stuttgart wies die Unterlassungsklage ab. Im Wesentlichen begründete das Landgericht Stuttgart seine Entscheidung damit, dass der Kläger Unterlassungsansprüche wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung nicht geltend machen könne. Art. 80 Abs. 2 DSGVO enthalte zwar eine entsprechende Ermächtigung für die Mitgliedsstaaten. Der deutsche Gesetzgeber habe von dieser Ermächtigungsgrundlage keinen Gebrauch gemacht.

Kann eine falsche oder fehlende Datenschutzerklärung abgemahnt werden?

Neben diversen formalen Aspekten verhielt sich das OLG Stuttgart zu zwei Komplexen, nämlich der Befugnis des Klägers, Unterlassungsansprüche wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung geltend zu machen und, dass Verstöße gegen bestimmte Informationspflichten Markverhaltensregelungen nach § 3a UWG sind.

Dürfen Wettbewerbsverbände Datenschutzverstöße abmahnen?

Nach Ansicht des OLG Stuttgart dürfen Wettbewerbsverbände Unterlassungsansprüche verfolgen, die sich aus Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung ergeben. Die Datenschutz-Grundverordnung regelt die Befugnis zur Geltendmachung von Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung gerade nicht abschließend, so dass die Bestimmungen der § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3a UWG anwendbar bleiben.

Dieses Ergebnis ergibt sich nach Auffassung des OLG Stuttgart aus der Entstehungsgeschichte zu Art. 80 DSGVO, aus einer Auslegung der Erwägungsgründe 11 und 13 sowie aus einer systematischen Auslegung des Wertungsrahmens der Datenschutz-Grundverordnung.

Ist die Verletzung bestimmter Informationspflichten wettbewerbswidrig?

Nach Darlegung der ablehnenden und vermittelnden Ansichten in Literatur und Rechtsprechung zur Frage der Marktverhaltensrelevanz stellte das OLG Stuttgart dar, dass durch den Geschäftskontakt als solchen datenschutzrechtliche Belange des Interessenten berührt und entsprechende Pflichten des Unternehmers begründet. Die zu erteilenden Informationen dienen damit auch der Entscheidung des Verbrauchers, mit dem Unternehmen überhaupt in Kontakt zu treten und in diesem Zuge Daten zu übermitteln. Aus diesem Grund dient Art. 13 DSGVO dem Interesse der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer i.S.v. § 3a UWG.

Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Aus den Gründen, aus denen die Informationspflichten gemäß Artikel 13 DSGVO als Marktverhaltensregelungen einzuordnen sind, ist ein hiergegen gerichteter Verstoß regelmäßig als spürbar zu bewerten. Der Beklagte hat hiergegen zu seiner Entlastung nichts vorgetragen.

Das OLG Stuttgart ließ die Revision zum BGH zu.

Weshalb ist das Urteil des OLG Stuttgart so wichtig?

Das Urteil des OLG Stuttgart ist noch nicht rechtskräftig. Es ist damit zu rechnen, dass die Entscheidung dem BGH in der Revisionsinstanz vorgelegt wird.

Sollte der BGH das Urteil des OLG Stuttgart bestätigen, müssen sich sämtliche Online-Händler auf eine vermehrte Prüfung ihrer datenschutzrechtlichen Informationspflichten durch Mitbewerber und Wettbewerbsverbände einstellen. Aber auch jetzt rechnen wir mit zahlreichen Abmahnungen in diesem Bereich.

Was müssen Händler jetzt tun?

Jedem Online-Händler ist dringend zu empfehlen, das Thema Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ernst zu nehmen, sich entsprechend beraten zu lassen und die Regelungen der DSGVO im eigenen Unternehmen schnellstmöglich umzusetzen. Ansonsten drohen kostenintensive Abmahnungen von Wettbewerbern, Abmahnvereinen und Abmahnverbänden.

Quelle: Urteil OLG Stuttgart vom 27.02.2020, Az. 2 U 257/19, Vorinstanz: LG Stuttgart, Urteil vom 20.05.2019, Az. 35 O 68/18

Wir stehen Ihnen im gesamten Bereich des Datenschutzrechts und in den Rechtsgebieten des IP- und IT-Rechts gerne zur als Berater zur Verfügung. Sprechen Sie uns an und vermeiden Sie berechtigte Abmahnungen.

Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Artikel “Können Verstöße gegen das Datenschutzrecht wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden?

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Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

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