Ansprüche nach der DSGVO bei zerstörter Festplatte

Gewährleistungsansprüche bei Computern sind an sich bereits eine lästige Sache. Sollten sich auf der Festplatte eines einzutauschenden Geräts noch Daten von Ihnen befinden, sollten Sie diese unbedingt vorher sichern. Über die Regelungen der DSGVO bekommen Sie weder die Daten wieder, noch können Sie weitere Ansprüche geltend machen. Zumindest dann nicht, wenn Sie bestimmte Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lassen.

Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.

Sorgen Sie für eine regelmäßige Datensicherung

Der Kläger übergab der Beklagten die vermeintlich defekte Festplatte aus einem bei der Beklagten erworbenen Notebook. Auf dieser Festplatte befanden sich personenbezogene Daten des Klägers. Die Beklagte wies den Kläger vor Übergabe der Festplatte darauf hin, dass die Daten auf der Festplatte beim Reparaturversuch gelöscht werden könnten und der Kläger die Daten vorsichtshalber sichern solle. Die Beklagte übergab dem Kläger im weiteren Verlauf eine neue Festplatte, auf der sich die personenbezogenen Daten des Klägers nicht befanden. Die Beklagte teilte dem Kläger auf Nachfrage mit, dass sie nicht weiß, wo sich die alte Festplatte des Klägers befindet und, dass sie auf die auf der alten Festplatte des Klägers befindlichen personenbezogenen Daten keinen Zugriff mehr hat.

Der Kläger verlangte erstinstanzlich von der Beklagten vergeblich Auskunft, Herausgabe der Festplatte und Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,– €. Das OLG Dresden wies die Berufung des Klägers zurück.

Wie weit geht der Auskunftsanspruch nach der DSGVO?

Ein Auskunftsanspruch stand dem Kläger nicht zu. Außergerichtlich hätte die Beklagte den Auskunftsanspruch des Klägers nach Art. 15 DSGVO, § 362 BGB bereits erfüllt, indem sie mitteilte, die Festplatte nicht mehr zu besitzen und auf die möglicherweise darauf gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers nicht mehr zugreifen könne.

Nach dem OLG Dresden liegt hier eine negative Verarbeitungsbestätigung vor, nämlich die Bestätigung, personenbezogenen Daten zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens nicht mehr zu besitzen. Dadurch habe die Beklagte jedenfalls auch konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Auskunft vollständig ist. Für einen weitergehenden Auskunftsanspruch ist kein Raum.

Ein Auskunftsanspruch kann aus den vorbenannten Gründen auch nicht aus § 666 BGB hergeleitet werden.

Kann die Herausgabe einer alten Festplatte verlangt werden?

Nein. Ein Herausgabeanspruch aus Eigentum nach § 985 BGB kam wegen objektiver Unmöglichkeit nicht in Betracht. Die Beklagte hatte die Festplatte nicht mehr und konnte sie auch nicht verschaffen.

Gibt es Schmerzensgeld nach der DSGVO für gelöschte personenbezogenen Daten?

Ebenfalls nein. Grundsätzlich wäre ein Schmerzensgeldanspruch nach § 823 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG wegen der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung denkbar. Hierfür muss ein besonders schwerwiegender Eingriff in dieses Grundrecht vorliegen. Dies konnte der Kläger nicht darlegen, geschweige denn beweisen. Der Kläger konnte nämlich nicht konkret darlegen, warum die Datenlöschung einen schwerwiegenden Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Der Kläger hatte überdies noch nicht einmal behauptet, dass die gelöschten Daten nur auf dieser Festplatte gespeichert waren. Er hätte die Daten auf einem anderen Speichermedium haben können.

Gibt es Schadensersatz nach der DSGVO für gelöschte personenbezogenen Daten?

Im Ergebnis ebenfalls: Nein.

Zunächst stellte das Gericht allerdings fest, dass die Zerstörung der Festplatte eine Datenverarbeitung nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO, nämlich Datenlöschung, darstellte. Diese Datenverarbeitung war allerdings durch eine Einwilligung des Klägers gedeckt.

Die Beklagte wies den Kläger unstreitig darauf hin, dass die Daten auf der Festplatte beim Reparaturversuch gelöscht werden könnten. Ferner wies die Beklagte auf eine vom Kläger sicherheitshalber durchzuführende Datensicherung hin. In Kenntnis dieses Hinweises gab der Kläger die Festplatte bei der Beklagten ab. Das Gericht wertete dies als Einwilligung des Klägers in die Datenlöschung durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten. Eine datenschutzrechtliche Einwilligung muss gerade nicht ausdrücklich erklärt werden.

Der Kläger hätte deutlich machen müssen, dass er die Daten nicht gesichert habe und die alte Festplatte zurückhaben möchte. Dies hat der Kläger nicht getan.

Gäbe es grundsätzlich nach der  DSGVO 10.000,– Schmerzensgeld für eine gelöschte Festplatte?

Auch hier positionierte sich das OLG Dresden deutlich: 10.000,– € waren völlig überzogen.

Für das OLG Dresden war bereits fraglich, ob es für gelöschte Daten überhaupt einen Schmerzensgeldanspruch gibt. Vorliegend hatte der Kläger nichts dazu vorgetragen, weshalb er 10.000,– € für angemessen hält. Für das OLG Dresden war der Betrag eine reine „Drohkulisse“, um die Beklagte zur Zahlung eines nicht gerechtfertigten Betrages zu veranlassen.

Woran müssen Sie denken, wen Sie eine Festplatte reparieren lassen?

Wenn Sie sich für den Fall einer Festplattenreparatur „absichern“ wollen, sollten Sie Folgendes berücksichtigen:

–        Vermeiden Sie Ärger und erstellen Sie eine Sicherheitskopie! Selbst ein Schmerzensgeld ist es kaum wert, geliebte digitale Erinnerungen unwiederbringlich zu verlieren.

–        Wenn eine Sicherheitskopie nicht möglich ist, lesen Sie sich die Korrespondenz Ihres Dienstleisters genau durch. Wenn er Sie über die mögliche Zerstörung und auf die von ihm nicht durchgeführte Datensicherung nicht informiert hat, steigen Ihre Chancen auf Schmerzensgeld.

–        Weisen Sie den Dienstleister darauf hin, dass Sie die Daten nicht gesichert habe und die alte Festplatte zurückhaben möchten. Auch dadurch steigern Sie Ihre Chancen auf Schmerzensgeld.

–        Holen Sie anwaltlichen Rat ein. Wir prüfen Ihre Chancen auf Schadensersatz und helfen Ihnen bei dessen Durchsetzung.

 

Quelle:   OLG Dresden, Urteil vom 31.08.2021, Az. 4 U 324/21; Vorinstanz: LG Chemnitz, Urteil vom 08.02.2017

 

Wir stehen Ihnen im gesamten Bereich des IT-/IP- und Datenschutzrechts als Berater gerne zur Verfügung.

 

GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2021

Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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