2.000,00 € Schmerzensgeld wegen unvollständiger Auskunft

Immer wieder beschäftigen sich deutsche Gerichte mit Auskunftsansprüchen. Wenn Auskunftsbegehren nicht erfüllt werden, resultiert hieraus in der Regel auch ein Schmerzensgeldanspruch. In einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit bewertete das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg den Verstoß gegen zwei Auskunftsbegehren mit insgesamt 2.000,00 €.

Wie umfangreich muss ein Auskunftsbegehren sein?

Der Kläger war Angestellter eines Pflegebetriebes. Die Beklagte wollte den Kläger im Jahr 2019 nach Betriebsratsanhörung versetzen. Ebenfalls im Jahr 2019 sprach die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung aus.

Der Kläger forderte die Beklagte zur Erteilung einer Auskunft nach Art. 15 DSGVO betreffend die Versetzung und die Abmahnung auf. Die Beklagte erteilte dem Kläger auch Auskunft, zumindest in einem gewissen Umfang.

Der Kläger wandte sich an das Arbeitsgericht und begehrte ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 8.000,00 €, weil die Auskunft seiner Meinung nach unvollständig war.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers verurteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 2.000,00 €

Wann ist eine Auskunft vollständig?

Nach dem Landesarbeitsgericht war die von der Beklagten erteilte Auskunft erkennbar unvollständig. Die Beklagte übersandte zu dem Komplex „Versetzung“ ein Schreiben der Beklagen und ein Schreiben des Betriebsrats. Zu dem Komplex „Abmahnung“ übersandte die Beklagte einen Antrag auf Erteilung einer Abmahnung und einen sogenannten „Logbuch-Eintrag“.

Damit erfüllte die Beklagte den Auskunftsanspruch des Klägers nur in Bezug auf Art. 15 Abs. 1 lit. a) und b) DSGVO, nicht jedoch den weitergehenden Art. 15 Abs. 1 lit. c) bis g) DSGVO. Die Beklagte hätte durch einen einfachen Blick in Art. 15 Abs. 1 DSGVO feststellen können, was der Kläger von ihr verlangt. Die Beklagte ist daher für die unzureichende Information und damit für den Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 DSGVO auch verantwortlich.

Eine Auskunft muss somit alle in Art. 15 Abs. 1 lit. a) bis g) genannten Angaben enthalten.

Kann ich bei einer unvollständigen Auskunft Schmerzensgeld verlangen?

Die Antwort lautet ganz klar: Ja!

Im Kern geht es bei einem Auskunftsanspruch darum, dass der Betroffene eine ausreichende Kenntnis über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten erlangt. Bei einer nur unvollständigen Auskunft kann der Betroffene nicht oder nur erschwert prüfen, ob seine personenbezogenen Daten rechtmäßig verarbeitet werden. Dieser Verstoß gegen den Auskunftsanspruch kann nach dem Erwägungsgrund 146 S. 3 DSGVO allein durch einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz kompensiert werden. Für einen Schadensersatzanspruch muss dabei eine „Erheblichkeitsschwelle“ nicht überschritten werden.

In welcher Höhe kann ich Schmerzensgeld verlangen?

Unter Berücksichtigung des Erwägungsgrunds 146 S. 3 DSGVO sollen Verstöße gegen die DSGVO effektiv sanktioniert werden und eine abschreckende Wirkung haben, um der DSGVO zum Durchbruch zu verhelfen.

Im vorliegenden Fall hielt das Landesarbeitsgericht einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 1.000,00 € je Auskunftsbegehren, demnach einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.000,00 € für angemessen. Durch diesen Betrag würde der Regelung des Art. 15 DSGVO zur Geltung verholfen und die Beklagte angehalten werden, die entsprechenden Maßgaben einzuhalten. Der ursprünglich verlangte Betrag in Höhe von insgesamt 8.000,00 € war hingegen zu hoch.

Wie reagiere ich auf Auskunftsverlangen richtig?

An der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann man eindrucksvoll ablesen, dass Sie dem Thema Auskunftsbegehren eine hohe Priorität in Ihrem Unternehmen einräumen müssen. Im arbeitsrechtlichen Umfeld müssen Sie zukünftig vermutlich verstärkt mit Auskunftsbegehren ehemaliger Mitarbeiter:innen rechnen.

Einige Betroffene sind möglicherweise allein auf die Zahlung eines Schmerzensgelds aufgrund einer falschen oder unvollständigen Auskunft aus. Auch wenn dieses Begehren dem Grunde nach rechtsmissbräuchlich sein dürfte, werden Sie diese Absicht kaum beweisen können. Sie sollten diese Möglichkeit daher nicht zum Anlasse nehmen, eine Auskunft zu verweigern oder nur unvollständig zu erteilen.

Sie sollten Auskunftsbegehren daher immer ernst nehmen und sich in Zweifelsfällen anwaltlich beraten lassen. Bitte behalten Sie auch immer die Monatsfrist nach Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO im Blick.

Allein das verstreichen lassen der Monatsfrist nach Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO dürfte ebenfalls einen Schmerzensgeldanspruch auslösen.

Quelle:    LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.11.2021, Az. 10 Sa 443/21

                  ArbG Berlin, Urteil vom 21.01.2021, Az. 27 Ca 11237/19

Wir freuen uns auf ein Gespräch mit Ihnen. Überdies stehen wir Ihnen im gesamten Bereich des IT-/IP- und Datenschutzrechts als Berater gerne zur Verfügung.

 

GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2022

Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

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