Software für Ärzte nur nach Zertifizierungsverfahren zulässig

Seit dem 1. Juli 2008 müssen Kassenärzte gemäß AVWG zur elektronischen Arzneimittelverordnung eine „manipulationsfreie” Software einsetzen, die verhindern soll, dass beispielsweise durch Subs­titutionsvorschläge die Medikation des Arztes unbeabsichtigt ausgetauscht wird.

Die kassenärztlichen Praxen dürfen nur noch solche Computer-Programme einsetzen, die einem “Anforderungskatalog” für Ärztesoftware der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entsprechen.

Kassenärzte sollen hierdurch bei der Auswahl nach den ‘passenden’ Medikamenten nicht mehr durch Software beeinflusst werden, die das Produkt bestimmter Pharma-Unternehmen bevorzugen.

Deshalb können Kassenärzte seit dem 1. Juli 2008 nur noch Software benutzen, die ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen hat. Gegen dieses Zertifizierungsverfahren wandten sich mehrere Software-Hersteller mit Eil-Anträgen an das Sozialgericht Berlin. Sie wollten erreichen, dass Kassenärzte ihre Software auch weiterhin ohne Zulassung benutzen können. Sie gaben an, dass Umsatzeinbußen von mehr als 40 Millionen Euro allein in den nächsten drei Jahren durch die Neuregelung zu befürchten seien.

Das Gericht hat die Anträge als unzulässig abgewiesen. Nur die Kassenärzte seien durch die Regelung betroffen. Software-Hersteller könnten auch weiterhin ungeprüfte Programme verkaufen. Sie hätten aber keinen rechtlich geschützten Anspruch darauf, dabei die gleichen Marktchancen zu haben, wie in früheren Jahren. Demzufolge bestehe auch kein Recht darauf, dass Kassenärzte weiterhin ungeprüfte Software für die Auswahl von Medikamenten benutzen können. Im Übrigen habe ein Vertreter der Software-Betriebe in einem Interview ausdrücklich betont, dass die Produkte „ohne Probleme zertifiziert werden, weil wir sowieso machen, was vom Gesetz her gewollt ist”. Wenn dies so sei, so das Gericht, dann sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragsteller nicht einfach das Zertifizierungsverfahren einleiten würden. Gerichtlicher Rechtsschutz gegen das Zertifizierungsverfahren sei doch dann gar nicht erforderlich.

Die Software-Hersteller haben inzwischen Beschwerde gegen den Beschluss beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Aktenzeichen des Sozialgerichts: S 79 KA 148/08 ER

Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Berlin vom 06.08.2008

Rechtsanwalt Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)

E-Mail: mailto:m.ullrich@goldberg.de

 

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