Widerrufsrecht – Woran Sie unbedingt denken müssen

Wer die Anforderungen an die Informationen zum Widerrufsrecht missachtet, verliert manchmal viel Geld! Die Widerrufsfrist beginnt dann nicht zu laufen, das Widerrufsrecht erlischt nicht und Wertersatz gibt es auch nicht.

Kann eine falsche Widerrufsbelehrung Geld kosten?

Anlass für die Streitigkeit zwischen den Parteien waren Einzelheiten zum Widerrufsrecht in einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Maklervertrag. Der Maklervertrag enthielt folgende vorformulierte Erklärungen:

Ich verlange, dass Sie mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen (§ 357 Abs. 8 BGB).

Mir ist bekannt, dass ich bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie mein Widerrufsrecht verliere (§ 356 Abs. 4 BGB), wenn Sie bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist die Dienstleistung vollständig erbracht haben.

Ein Muster-Widerrufsformular war dem Maklervertrag nicht beigefügt. Eine Kopie des Maklervertrages, der Widerrufsbelehrung sowie des Muster-Widerrufsformulars erhielten die Vertragspartner des Maklers erst deutlich nach Vertragsschluss. Die Vertragspartner des Maklers widerriefen den Maklervertrag Monate nach Vertragsschluss. Aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgreichen Vermittlung von Kaufinteressenten verlangte der Makler seine Provision.

Letztinstanzlich scheiterte der Makler mit seinem Anspruch vor dem BGH.

Wann erhält ein Makler keine Provision?

Der BGH stellte fest, dass der Anspruch des Maklers an drei Stellen scheitert:

Widerrufsbelehrung UND Muster-Widerrufsformular ausgehändigt?

Die Widerrufsfrist war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen, genauer gesagt lief die Widerrufsfrist noch gar nicht! Nach § 312 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a § 1 bis 3 EGBGB auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Zu diesen Informationen gehören die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB.

Diese Informationspflicht erfüllte der Makler nicht. Die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular händigte der Makler den Kunden nicht aus. Es reicht auch nicht aus, wenn der Kunde die erforderlichen Informationen vor Ort lediglich einsehen kann.

Alle Informationspflichten erfüllt?

Der BGH stellte fest, dass das Widerrufsrecht nach § 356 Abs. 4 S. 1 BGB nicht erloschen war.

Nach § 356 Abs. 4 S. 1 BGB erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer die Dienst-leistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und er gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.

Das Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 356 Abs. 4 S. 1 BGB setzt aber jedenfalls voraus, dass der Unternehmer seine Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB erfüllt hat und dem Verbraucher die erforderlichen Informationen ausgehändigt hat. Hieran fehlt es. Der Makler händigte den Kunden die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular nicht aus.

Wann kann ein Makler Wertersatz verlangen?

Auch den Wertersatzanspruch des Maklers nach § 357 Abs. 8 BGB wies der BGH zurück. Der Anspruch auf Wertersatz nach § 357 Abs. 8 BGB setzt voraus, dass der Unternehmer dem Verbraucher die erforderlichen Informationen nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB auf Papier oder auf einem dauerhaften Datenträger ausgehändigt hat. Hieran fehlt es (wieder einmal). Der Makler händigte den Kunden die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular nicht aus.

Welche Lehren müssen Sie aus der Entscheidung des BGH ziehen?

Die Entscheidung des BGH betraf unmittelbar nur einen Anspruch auf Maklerprovision. Die in Betracht kommenden Vorschriften betreffen jedoch auch und vor allem Verträge im Onlineshop. Insofern sind so gut wie alle Onlinehändler betroffen.

Es zeigt sich einmal mehr, dass Onlinehändler die hohen formalen Voraussetzungen der Informationspflichten des BGB und des EGBGB nicht unterschätzen dürfen. „Selbstgebasteltes“ führt fast immer zu Problemen.

Sollten Sie einen „kreativen“ Gestaltungsvorschlag im Hinblick auf die Informationspflichten des BGB und des EGBGB haben, lassen Sie diesen Gestaltungsvorschlag vor dem Einsatz von einem Rechtsanwalt prüfen. Wir helfen Ihnen gern.

Quelle:           BGH, Urteil vom 26.11.2020, Az. I ZR 169/19
Vorinstanzen: OLG Hamm, Urteil vom 12.08.2019, Az. 18 U 119/18

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Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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