Wann besteht zwischen Mitbewerbern ein Wettbewerbsverhältnis?

Über die für das Wettbewerbsrecht (UWG) sehr relevanten Frage, wann ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Mitbewerbern vorliegt, hatte das Oberlandesgericht Frankfurt mit Urteil vom 11.11.2021, Aktenzeichen 6 U 81/21, zu entscheiden.

Steht ein Bio-Bauer in einem Wettbewerbsverhältnis zu einem Onlineshop-Betreiber?

In dem vom OLG Frankfurt zu entscheidenden Rechtsstreit, machte ein Bio-Bauer gegenüber einem Onlineshop-Betreiber im Hinblick auf das Anbieten von Müslimischungen und entsprechenden Zutaten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Das Landgericht Frankfurt gab der 1. Instanz den Ansprüchen des Biobauern statt. Hiergegen wendete sich der Onlineshop-Betreiber in der Berufung beim Oberlandesgericht mit der Begründung, der Bio-Bauer sei kein Mitbewerber und ein Wettbewerbsverhältnis liege nicht vor, da der Bio-Bauer seine Kunden auf unterschiedlichen Vertriebswegen bediene.

Setzen Ansprüche nach dem Wettbewerbsrecht in der Regel ein Wettbewerbsverhältnis voraus?

Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung nach § 8 UWG sowie auf Schadenersatz nach § 9 UWG stehen u.a. Mitbewerbern zu. „Mitbewerber“ ist gemäß § 2 I Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.

Wer ist Mitbewerber und wann ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen?

Ein Mitbewerber kann daher nur Unternehmer in seiner Eigenschaft als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen sein. Damit ist der Unternehmensinhaber gemeint. Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers lässt sich nicht abstrakt feststellen, vielmehr ist auf die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung abzustellen. Sie entscheidet darüber, ob sich der handelnde Unternehmer zu einem anderen Unternehmer Wettbewerb stellt.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher gegeben, wenn zwei Unternehmer gleichartige Waren oder die Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Witzverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, d. h. im Absatz behindern oder stören kann. An das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnis sind im Interesse einer wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu den Betroffenen Unternehmen stellt. Auch Unternehmen, die auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen agieren, können in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, wenn sie sich im Ergebnis an den gleichen Abnehmerkreis wenden.

Steht ein Bio-Bauer in konkretem Wettbewerbsverhältnis zu einem Onlineshop-Betreiber?

Das OLG Frankfurt entschied im vorliegenden Fall, dass der Bio-Bauer Mitbewerber des Onlineshop-Betreibers sei und wies die Berufung des Onlineshop-Betreibers zurück. Beide Parteien seien Anbieter von Müslimischungen und Zutaten hierfür. Es handelt es sich daher um austauschbare Produkte. Eine Überschneidung der Märkte liege damit vor. Auch in zeitlicher Hinsicht seien beide Parteien auf demselben Markt für Müslis und deren Zutaten tätig. Auf die Frage, ob der Bio-Bauer zum Teil auf vorgelagerten Wirtschaftsstufen tätig sei, nämlich als Lieferant von Hofläden, komme es nicht an, denn die wettbewerbsrechtliche Anspruchsberechtigung als Mitbewerber hänge nicht um Umfang und Zuschnitt der unternehmerischen Tätigkeit des Mitbewerbers ab. Ebenso wenig sei zu beachten, dass die Parteien in Gestalt der Vorbestellung per E-Mail des Bio-Bauern und des Onlineversands des Onlineshop-Betreibers völlig unterschiedliche Vertriebswege bedienen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 11.11.2021, 6 U 81/20

 

GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2021

Rechtsanwalt Christopher Pillat, LL.M. (Intellectual Property Law)

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