Überwachungskameras und die “lieben” Nachbarn

Ein Klassiker des Nachbarrechts, welcher deutsche Gerichte tagtäglich beschäftigt, ist das Anbringen von Überwachungskameras am eigenen Haus. Dagegen wollen sich Nachbarn häufig wehren, da sie Angst haben, durch die Kameras gefilmt zu werden.

In einem Berufungsverfahren hatte sich das Landgericht Saarbrücken (I. Instanz: Amtsgericht St. Wendel) mit dieser Problematik auseinanderzusetzen.

Der Fall

Der Kläger war Mieter einer im Erdgeschoss liegenden Wohnung. Er hatte von seiner Vermieterin keine Erlaubnis, den Garten des Hauses mitzubenutzen.

Der Beklagte war Eigentümer des Nachbargrundstücks und hatte hinter dem Haus an der rechten Hausseite zwei Überwachungskameras mit Bewegungsmeldern angebracht. Diese waren auf das Haus gerichtet, in welchem der Kläger wohnte.

Gegen diese Kameras stellte der Kläger einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dieser Antrag wurde vom Gericht zurückgewiesen. Das Amtsgericht St. Wendel war davon überzeugt, dass wegen der Schwärzung des Hauses in den Aufnahmen, in dem der Kläger wohnte, keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorgelegen habe.

Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Während des Berufungsverfahrens errichtete der Beklagte zwei weitere Kameras. Diese waren ebenfalls zum Grundstück des Klägers gerichtet, nachdem der Kläger die zuvor angebrachten Kameras abgeschlagen und beschädigt hatte.

Im Berufungsverfahren beantragte der Kläger, dass der Beklagte verpflichtet wird, die beiden Kameras zu entfernen. Hilfsweise beantragte er die Kameras so zu betreiben, dass eine Aufzeichnung von Geschehnissen auf seinem Grundstück nicht möglich ist. Ferner sollte der Beklagte in Zukunft entsprechende Aufnahmen unterlassen.

Die zulässige Berufung hatte keinen Erfolg.

Was umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Dazu führte das Landgericht Saarbrücken zunächst zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus, dass unter dieses u.a. das Recht der informationellen Selbstbestimmung falle. Dieses Recht umfasse die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.

Hierzu führte das Landgericht Saarbrücken an, dass die Feststellungen des Amtsgerichts hinsichtlich des Erfassungsbereichs der damaligen Kameras in der Berufungsinstanz keine Rolle mehr spielen würden, da diese vom Kläger abgeschlagen und beschädigt wurden.

Somit befasste sich das Landgericht Saarbrücken nur noch mit den zwei neuen Kameras, welche nur das eigene Grundstück des Beklagten sowie einen kleinen Teilbereich des Gartens des klägerischen Grundstücks erfassten.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Garten, den die Überwachungskameras filmten, nicht an den Kläger mitvermietet wurde, sei nach dem Landgericht Saarbrücken aber schon das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht betroffen.

Wann ensteht ein sog. ,,Überwachungsdruck‘‘?

Auch ergab sich im vorliegenden Fall nichts anderes aus der Rechtsfigur des sog. ,,Überwachungsdruckes‘‘. Dabei handelt es sich um einen Anspruch auf Beseitigung von Überwachungskameras. Dieser Anspruch liegt nur dann vor, wenn eine Überwachung durch Kameras objektiv ernsthaft befürchtet werden muss. Eine solche Befürchtung ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint. Ein solcher Grund kann ein eskalierender Nachbarstreit oder ein objektiv Verdacht auf Basis von erregender Umstände. Wenn solche Umstände gegeben sind, kann das Persönlichkeitsrecht wegen einer Verdachtssituation schon beeinträchtigt sein.

Demgegenüber reicht die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung nicht aus.

Eine Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück ist somit nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass grundlegende Voraussetzung für eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist, dass man überhaupt Rechteinhaber eines von einer Überwachungskamera betroffenen Teils eines Grundstücks sein muss.

Auch für die Rechtsfigur des ,,Überwachungsdruckes‘‘ müssen konkrete Umstände vorliegen und  eine bloße hypothetische Gefahr einer Überwachung reicht für die Annahme dieser Rechtsfigur gerade nicht aus.

Quelle: Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 13. Oktober 2023, Aktenzeichen 13 S 32/23

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