Rücksendung der Ware = ausreichende Widerrufserklärung ?

Nach dem bis zum 13.06.2014 geltenden Widerrufsrecht reichte die Rücksendung der Ware als Widerrufserklärung aus. Seitdem die Verbraucherrechterichtlinie am 13.06.2014 in nationales Recht umgesetzt wurde, nehmen viele Juristen an, die schlichte Rücksendung der Ware sei nicht ausreichend, um den Widerruf wirksam zu erklären. Erforderlich sei vielmehr eine weitere, eindeutige Erklärung. Diese Ansicht könnte nun ins Schwanken geraten.

Die gesetzliche Grundlage für die Erklärung des Widerrufs befindet sich in § 355 Abs.1 BGB, der da lautet:

Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Aus dem Erfordernis einer eindeutigen Erklärung wird zurzeit überwiegend geschlossen, dass zumindest ein Zettel mit dem Wort „Widerruf“ den Unternehmer erreichen muss.

Diese Auslegung ist naturgemäß nicht besonders verbraucherfreundlich. Dies gilt umso mehr als nach der alten Gesetzeslage die schlichte Rücksendung der Ware ausreichte. Das nehmen einige Verfasser in der Literatur neuerdings zum Anlass, um für eine verbraucherfreundliche Auslegung zu werben. Ihre Argumente sind dabei durchaus nicht von der Hand zu weisen.

Der Zweck der Verbraucherrechterichtlinie besteht darin, das Verbraucherrecht auf europäischer Ebene zu harmonisieren und so flächendeckend einen guten Verbraucherschutz zu gewährleisten. In Deutschland reichte vor der Gesetzesänderung im Juni 2014 die Rücksendung der Ware für den Widerruf aus. Die derzeitige Praxis bedeutet mithin eine Verschlechterung des Verbraucherschutzes in Deutschland, die vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt worden sei, so die Befürworter der verbraucherfreundlichen Auslegung. Die Richtlinie sei vom Gesetzgeber missverstanden worden. In Art. 11 Abs. 1 heißt es:

Der Verbraucher informiert den Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen. Der Verbraucher kann zu diesem Zweck entweder a) das Muster-Widerrufsformular (…) verwenden oder b) eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht.

Der Gesetzgeber habe fälschlicherweise angenommen, dass eine wörtliche Erklärung abzugeben sei. Diese Annahme finde jedoch im Text der Richtlinie keinen Halt. Da die Widerrufserklärung durch Rücksendung der Ware nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei, müsse die Rücksendung ausreichen.

Inwieweit sich diese Ansicht in der Rechtsprechung durchsetzen wird, ist derzeit nicht absehbar. Es erscheint angesichts der grundsätzlich sehr verbraucherfreundlichen Rechtsprechung der vergangenen Jahre jedoch durchaus möglich. Doch auch die verbraucherfreundliche Auslegung führt nicht dazu, dass die Rücksendung der Ware immer eine wirksame Widerrufserklärung darstellt. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Unternehmer vernünftigerweise die Rücksendung der Ware nur als Widerrufserklärung hätte auffassen können. Wenn die Rücksendung auch eine andere Bedeutung haben kann, scheidet eine Widerrufserklärung durch Rücksendung der Ware aus.

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Goldberg Rechtsanwälte 2015

Rechtsanwältin Swetlana Neufeld

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