Muss der Hersteller auf einen anstehenden Modellwechsel hinweisen?

Das Landgericht Wuppertal entschied im Rahmen eines Berufungsverfahrens, dass der Hersteller des Geräts Thermomix nicht verpflichtet ist, von sich aus auf einen anstehenden Modellwechsel hinzuweisen.

Worum stritten die Parteien?

Die Klägerin erwarb am 16.01.2019 im Rahmen einer Verkaufsveranstaltung einer Handelsvertreterin von der Beklagten (Hersteller) einen Thermomix TM5. Am 08.03.2019 kündigte der Hersteller in der Öffentlichkeit das Nachfolgemodell TM 6 an. Dieses weist mehr Funktionen auf als das Vorgängermodell.

Hinweispflicht auf anstehenden Modellwechsel?

Die Klägerin äußerte gegenüber dem Hersteller die Auffassung, dass er sie über das zeitnahe Erscheinen des Nachfolgemodells hätte informieren müssen. Die neuen Funktion des Nachfolgemodells wären für die Klägerin von großer Bedeutung gewesen. Wenn sie gewusst hätte, dass wenige Wochen später das Nachfolgemodell erscheint, hätte sie sich für das Vormodell nicht entschieden. Der Hersteller äußerte die Auffassung, dass eine Aufklärungspflicht nicht besteht. Eine Hinweispflicht hätte allenfalls dann bestanden, wenn eine Modelländerung bereits erfolgt sei.

Das Amtsgericht Wuppertal wies die Klage ab. Im Wesentlichen begründete das Amtsgericht Wuppertal seine Entscheidung damit, dass eine Hinweispflicht auf eine später erfolgende Markteinführung eines Nachfolgemodells nicht bestehe, solange das verkaufte Produkt noch produziert und im Sortiment geführt werde.

Wie begründete das LG Wuppertal seine Entscheidung?

Das Landgericht Wuppertal entschied, dass dem Hersteller kein Vorwurf wegen einer schuldhaften unterlassenen Aufklärung gemacht werden kann. Aus diesem Grund stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zu.

Zunächst betonte das Landgericht Wuppertal, dass sich eine Aufklärungspflicht aus Gesetz, Vertrag oder vorangegangenem Tun ergeben kann. Hierzu gab der Sachverhalt nichts her. Vorangegangenes Tun hätte man zum Beispiel annehmen können, wenn die Klägerin die Handelsvertreterin nach einem kurz bevorstehenden Modellwechsel gefragt hätte und dies wahrheitswidrig verneint hätte.

Ansonsten kann der Kunde die Offenlegung derjenigen Eigenschaften einer Ware oder Leistung verlangen, die nach Auffassung des Publikums den Kaufentschluss beeinflussen kann. Hierbei sind allerdings die Interessen des Werbenden bzw. des Verkäufers zu berücksichtigen. Unter diesem Ansatz bestand im vorliegenden Fall keine Offenlegungspflicht.

Im vorliegenden Fall bezeichnete der Verkäufer das Gerät selbst nicht als Auslaufmodell. Das neue Gerät wurde auch noch nicht im Sortiment geführt. Geworben wurde hierfür zum Zeitpunkt des Kaufs des streitgegenständlichen Modells auch noch nicht. Im Übrigen hat der Hersteller ein berechtigtes Interesse daran, Ware aus dem bestehenden Sortiment noch zu verkaufen. Eine uneingeschränkte Offenbarungspflicht würde die Chancen auf diese Verkäufe erheblich mindern.

Was müssen Sie als Kunde tun?

Die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal ist selbstverständlich ein Einzelfall, führt aber die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Offenlegungspflicht konsequent fort. Zugleich zeigt sie dem interessierten Kunden auch eine Lösung auf:

Fragen müssen in jedem Fall wahrheitsgemäß beantwortet werden. Daher gilt auch bei etwaigen Nachfolgemodellen: Fragen Sie die Verkäuferin oder den Verkäufer und lassen Sie sich deren Antwort schriftlich oder per E-Mail geben. Mit der Antwort allein gewinnen Sie zwar noch keinen Prozess, erleichtern sich aber die Argumentation.

Quelle:

Urteil LG Wuppertal vom 09.01.2020, Az. 9 S 179/19

Vorinstanz: AG Wuppertal, Urteil vom 19.09.2019, Az. 32 C 159/19

GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2020

Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

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