Mobilfunkanbieter muss Richtigkeit seiner Rechnungen beweisen

Durch ein Urteil des Landgericht Augsburg vom 24.04.2007, Aktenzeichen 3 O 678/06 (noch nicht rechtskräftig), wurden nunmehr erneut die Rechte von Handynutzern gestärkt. Nach dem Urteil des Landgerichts Augsburg trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Inanspruchnahme von Leistungen, insbesondere für die Herstellung einer Verbindung, grundsätzlich der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen (BGH NJW 2004, Seite 3183 ff.).

Im vorliegenden Fall verlangte ein Mobilfunkanbieter von einem Kunden mit einem D2-Fun-Tarif einen Gesamtbetrag von fast 14.000,00 €. Angeblich sollten diese hohen Kosten durch die Inanspruchnahme so genannter Mehrwertdienste entstanden sein. Die Inanspruchnahme dieser Mehrwertdienste wurde vom Beklagten jedoch substantiiert bestritten. Die Klägerin vertrat hingegen die Rechtsmeinung, dass für die Richtigkeit der streitigen Telefonrechnungen der Beweis des ersten Anscheins spreche. Anhaltspunkte für ein technisches Versagen der automatischen elektronischen Gebührenerfassungseinrichtung seien nicht vorhanden und vom Beklagten auch nicht behauptet worden.

Dieser Rechtsmeinung der Klägerin erteilte das Landgericht Augsburg jedoch eine Absage.

Das Landgericht stellte ausdrücklich fest, dass es Sache der Klägerin sei, substantiiert darzulegen und bei Bestreiten zu beweisen, dass auch der jeweilige Vertrag mit dem jeweiligen Anbieter der Mehrwertdienste zustande gekommen ist, aus dem die Forderung hergeleitet wird (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 19.04.2006, Aktenzeichen 3 W 28/06).

Der Beklagte hatte innerhalb der 80-Tages-Frist des § 7 Abs. 3 TDSV (Telekommunikationsdienst- unternehmen-Datenschutzverordnung) Einwendungen gegen die Richtigkeit der Forderung erhoben. Der Beklagte rügte hierbei, dass er die entsprechenden Verbindungen nicht selbst angewählt habe und trug dezidiert vor, welche Telefonate er nicht geführt hat. Weiter wurde die Klägerin von dem Beklagten dazu aufgefordert, unverzüglich die vollständigen Namen und Anschriften der Betreiber der entsprechenden Mehrwertdienste mitzuteilen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin jedoch nicht nach.

Das Landgericht Augsburg vertrat, wie zuvor auch das Landgericht Stendal mit seinem Urteil vom 18.08.2005, Aktenzeichen 22 S 51/05, die Auffassung, dass ein Telekommunikationsunternehmen, das den Kunden auf Bezahlung so genannter Mehrwertdienste in Anspruch nimmt, diesen eine Telefonrechnung vorlegen muss, die den Kunden in die Lage versetzt, den Inhalt der Rechnung qualifiziert zu bestreiten (ebenso LG Trier, Urteil vom 06.07.2004, Aktenzeichen 1 S 104/04). Dies hatte die Klägerin jedoch nicht getan. Ohne die ihr obliegenden Substantiierungs- und Beweislast für die Richtigkeit der Telefonrechnungen zu erfüllen, ging die Klägerin nicht auf die substantiierten Einwendungen des Beklagten ein. Die Klägerin wies somit nicht nach, dass die von Ihr abgerechneten Mehrwertdienste tatsächlich von dem Beklagten in Anspruch genommen wurden.

Nach der Auffassung des Landgerichts Augsburg war es nach den Einwendungen des Beklagten naheliegend, dass dieser Opfer einer unbemerkten Herstellung von Verbindungen durch heimliche Manipulationen Dritter geworden sei. Dem Rechtsgedanken des § 16 Abs. 1 TKV sei insofern zu entnehmen, dass das Risiko einer unbemerkten Herstellung von Verbindungen nicht der Anschlusskunde zu tragen habe (vgl. BGHZ 158, 201-212). Weiter argumentierte das LG Augsburg damit, dass nach der Abrechnung der Klägerin der Beklagte an mehreren Tagen nahezu ohne Unterbrechung habe telefonieren müssen. Aus diesem Umstand zog das Landgericht Augsburg den Schluss, dass hier der Anschein dafür spreche, dass diese Telefonate nicht sämtlich vom Beklagten wissentlich und willentlich geführt worden werden konnten.

Da die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht nicht nachkam und nicht nachweisen konnte, dass der Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Mehrwertdienste wissentlich und willentlich in Anspruch genommen hatte, wies das Landgericht Augsburg die Zahlungsklage der Klägerin ab.

Durch dieses Urteil werden erneut die Rechte aller Handynutzer gestärkt. Es obliegt nunmehr dem Mobilfunkanbieter zu beweisen, dass sämtliche abgerechneten Handygespräche tatsächlich wissentlich und willentlich vom Handynutzer durchgeführt wurden. Kommt ein Mobilfunkanbieter dieser Verpflichtung nicht nach, kann er insofern keinerlei Zahlungsansprüche gegenüber dem Handynutzer Erfolg versprechend geltend machen. 

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Mitgeteilt von Rechtsanwalt Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)
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