Entfernung von Fotos aus einem Schuljahrbuch

Das VG Koblenz hatte in einem Klageverfahren die Frage zu klären, ob ein Lehrer es verlangen kann

–        alle verbreiteten und veräußerten Exemplare des Jahrbuchs 2015/2016 zurückzurufen,

–        in sämtlichen Exemplaren des Jahrbuchs 2015/2016 sein Foto unkenntlich zu machen und

–        die zukünftige Verbreitung des Jahrbuchs 2015/2016 mit seinem Foto zu verbieten

Was war der Anlass?

Der Kläger ist Studienrat im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz an einem Gymnasium. Diese Schule gab im Schuljahr 2015/2016 (wie bereits im Jahr zuvor) ein Jahrbuch mit Fotos sämtlicher Klassen sowie den jeweiligen Lehrern heraus. Bei dem Fototermin ließ sich der Kläger auch (mit-) fotografieren. Sein Foto befand sich sodann auf zwei Seiten des gedruckten Jahrbuchs. Die Schule ließ nur eine bestimmte Menge der Jahrbücher nach einer Abfrage bei den Schülern drucken. Alle Exemplare wurden verkauft.

Zunächst verlangte der Kläger außergerichtlich erfolglos den Rückruf der Jahrbücher, Unkenntlichmachung seiner Person auf den beiden Fotos sowie ein Unterlassen der weiteren Verbreitung der Jahrbücher.

Mit der Klage vor dem VG Koblenz verfolgte der Kläger seine Begehren weiter. Er brachte vor, dass er durch die Fotos in seinem Namensrecht, in seinem Recht am eigenen Bild sowie in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sei. Zu dem Fototermin habe er sich von einer Kollegin überreden lassen. Den wahren Verwendungszweck der Fotos habe er nicht gekannt. Im Übrigen habe ihm die Fotografin versichert, dass die Fotos nicht veröffentlicht werden, so dass es an einer Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotos im Jahrbuch fehle.

Wie hat das VG Koblenz entschieden?

Das VG Koblenz wies die Klage mit folgender Begründung zurück:

Ein Eingriff in die Rechte des Klägers liegt nicht vor

Nach Auffassung des VG Koblenz bedurfte es keiner Einwilligung des Klägers. Und selbst wenn eine solche erforderlich gewesen wäre, hätte der Kläger diese durch schlüssiges Verhalten erteilt.

Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bedurfte es keiner Einwilligung, weil die vom Kläger beanstandeten Klassenfotos dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen sind und besonders schützenswerten Interessen des Klägers nach § 23 Abs. 2 KUG nicht vorlagen.

Der Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse, auch Veranstaltungen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung. Jahrbücher mit Klassenfotos sind jedenfalls von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung für die Angehörigen der Schule. Der Kläger ist lediglich in der sog. Sozialsphäre betroffen, weil die Fotos im dienstlichen Bereich aufgenommen wurden und den Kläger in einer völlig unverfänglichen, gestellten Situation zeigen. Diese Beeinträchtigung seiner Sozialsphäre tritt hinter den berechtigten Interessen der Schule an der Veröffentlichung seiner Fotos zurück.

Im Übrigen habe der Kläger in die Veröffentlichung seiner Fotos auch schlüssig eingewilligt, indem er sich bei dem Fototermin hat ablichten lassen. Er hätte wissen müssen, dass die Schule derartige Fotos in der Vergangenheit bereits für Jahrbücher verwendet hat und er mit einer Veröffentlichung rechnen musste. Die Zusicherung der Fotografin war unerheblich, weil allein die Schule über die Veröffentlichung der Fotos entschied.

Der Anspruch wäre unmöglich zu realisieren

Der Kläger kann Rückruf der Jahrbücher und Unkenntlichmachung seiner Fotos nicht verlangen. Es ist unklar, wo sich diese genau befinden. Im Übrigen sieht das Gericht auch keinen Anspruch der Beklagten gegen die Besitzer der Jahrbücher auf Herausgabe. Das Gericht würde der Beklagten eine unmöglich zu erfüllende Verpflichtung auferlegen.

Es besteht auch keine Wiederholungsgefahr

Das Unterlassungsbegehren scheitert an der hierfür erforderlichen Wiederholungsgefahr. Es droht keine weitere Veröffentlichung von Fotos des Klägers in einem Jahrbuch. Sämtliche Exemplare sind verkauft.

Quelle: Urteil Verwaltungsgericht Koblenz vom 06.09.2019, Az. 5 K 101/19

GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2019

Julius Oberste-Dommes LL.M. (Informationsrecht)

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