Änderungen bei der Anwendung des aktuellen UWG

Auf eine aktuelle Entwicklung wollen und müssen wir Sie hinweisen, da die geänderte Gesetzeslage Ihr Handeln erfordert: 

Am 11. Mai 2005 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), kurz „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“, erlassen. Die Vertragsstaaten der Europäischen Union, so auch die Bundesrepublik Deutschland, haben sich in dieser Richtlinie verpflichtet, bis zum 12. Juni 2007 die notwendigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, zu erlassen und zu veröffentlichen. Die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland – das Bundesjustizministerium – hat trotz schriftlicher Mahnung durch die Kommission der Europäischen Union die Umsetzung dieser Richtlinie „vergessen“.

Nach Artikel 19 der Richtlinie 2005/29/EG gilt die Richtlinie damit ohne nationale Umsetzung unmittelbar seit dem 12. Dezember 2007 auch für den deutschen Wirtschaftsraum.

Das Bundesjustizministerium (BMJ) ist bislang über den „Versuch eines Entwurfs zur Umsetzung der Richtlinie“ nicht hinausgekommen. Notwendig ist nach der Richtlinie eine vollständige Überarbeitung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Bisher liegt jedoch lediglich ein Referentenentwurf des „neuen UWG“ vom BMJ vor. Bis zum Erlass eines „neuen UWG“, das die Richtlinie 2005/29/EG vollständig umsetzt, gilt die EU-Richtlinie daher unmittelbar. Nachstehend wollen wir Ihnen kurz einige wesentliche Bestimmungen dieser Richtlinie und insbesondere ihrer Anhänge erläutern.

Die EU-Richtlinie geht von einem den meisten deutschen Unternehmen bislang fremden, umfassendem Verbraucher- und Verbraucherschutzbegriff aus und stellt durch Artikel 7 der Verordnung „irreführende Unterlassungen“ unter Sanktion.

Artikel 5 der Richtlinie regelt das grundsätzliche Verbot unlauterer Geschäftspraktiken einschließlich der Grundzüge der unlauteren Werbung. Gerade die Werbung im Verkauf, die Verkaufsanbahnung und auch vertragliche Regelungen werden durch diese Richtlinie in starkem Umfang reglementiert. Falsche Angaben werden nach Artikel 6 als irreführende Handlungen bezeichnet.

Wegen Artikel 6 Abs. 1 b und c ist in Zukunft besondere Vorsicht bei Werbemaßnahmen und dem Formulieren von Vertragsbedingungen und Verträgen geboten. 

Nach Artikel 7 der Verordnung stehen nun „irreführende Unterlassungen“ unter Sanktion. Das bedeutet, dass unvollständige Angaben in Verträgen, Leistungsbeschreibungen und in der Werbung sehr schnell zur Wettbewerbswidrigkeit führen können.
Werbemaßnahmen, gleich welcher Art, einschließlich der Vertragsabwicklung und AGB müssen zukünftig noch intensiver bereits in der ersten Planungsphase überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. 

Die im Grunde genommen für den Unternehmer wichtigsten Regelungen sind jedoch in Anhang 1 der Richtlinie – etwas versteckt -enthalten. Dort werden in 31 Ober- und entsprechenden Unterpunkten Geschäftspraktiken, die unter allen Umständen, d. h. in jedem Fall und ohne Einschränkung als unlauter gelten, aufgelistet. Es wird hier wohl keine Unwesentlichkeit und keine Bagatellgrenze geben.

Vieles ist rechtlich nicht geklärt.

Große Probleme ergeben sich jedoch bei einigen bisher unbeanstandeten Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in der Werbung. 

Insbesondere problematisch ist Ziffer 10 des Anhanges 1, nämlich die Werbung oder auch nur die Aufnahme von gesetzlich zugestandenen Rechten als Besonderheit des Angebotes.

Bei Werbeaktionen mit Gewinn- und Glücksspielbegleitung ist die neue Richtlinie besonders intensiv zu prüfen und zu beachten. Gleiches gilt für die Informationen über Marktbedingungen oder die Möglichkeit, Produkte auffinden zu können.

Sofern Sie Werbemaßnahmen für Produkte für Kinder planen oder solche Produkte, die auch für Kinder erwerbbar sein sollen, erstellen, vermarkten, vertreiben oder sonst in den Verkehr bringen, ist Ziffer 28 des Anhangs 1 der Verordnung von besonderer Bedeutung.

Werden die Werbemaßnahmen, Produktverpackungen oder Darstellungen mit der direkten Aufforderung an Kinder verbunden, die beworbenen Produkte zu kaufen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene zu überreden, die beworbenen Produkte für sie zu kaufen, gilt dieses als uneingeschränkt wettbewerbswidrig.

Dieses ist nicht nur von den Herstellen und Vertriebsorganisationen zu beachten, sondern auch von sämtlichen Unternehmen der Medienvermarktung und Medienberatung.

In einer ersten Expertendiskussion, an der der Unterzeichner im Dezember 2007 teilnehmen konnte, zeichnete sich bereits ab, dass einige Vorsitzende von Senaten an den Oberlandesgerichten diese Vorschriften zu Lasten der Werbetreibenden und der Produzenten auslegen werden. Die Auffassung des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist noch nicht abschließend gebildet. Die bisherige Tendenz lässt noch auf eine unternehmerfreundliche Auslegung hoffen. Bis jedoch der Bundesgerichtshof diese Fragen zu entscheiden hat, werden Jahre vergehen. Gehandelt werden muss jedoch eindeutig jetzt.

Selbstverständlich besteht bei Verstoß gegen die Richtlinie für den Konkurrenten, aber insbesondere auch für Verbraucherschutzverbände, Abmahnvereine und ähnliche Organisationen die Möglichkeit, kostenpflichtig Abmahnungen auszubringen. Dieses dürfte verstärkt bei Werbemaßnahmen und auch bei Formulierungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in epidemischer Form zunehmen. Bislang ungeklärt ist noch, ob mit der Richtlinie nur die Ansprache an den Verbraucher oder aber auch wegen Fehlens der nationalen Regelung auch Geschäfte und Geschäftspraktiken unter Geschäftsleuten („B2B“) erfasst sind. Eine Rechtssicherheit besteht in diesem Punkt derzeit leider nicht.

Wir raten daher, unverzüglich sämtliche Werbemaßnahmen, insbesondere solche, die an Kinder gerichtet, verbunden mit Preisausschreiben oder sonstigen Anpreisungen, sind sowie die derzeitigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen überprüfen zu lassen, insbesondere, wenn diese vor August 2007 erstellt oder überprüft worden sind.

Die Goldberg Rechtsanwälte haben sich daher, um die Belastung der Unternehmer möglichst gering zu halten, dazu entschlossen, die Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre vorläufige Tauglichkeit hinsichtlich der Richtlinie 2005/29/EG und deren Anhänge pauschal anzubieten.

Bei Interesse und für Rückfragen zu diesem Thema stehen Ihnen die Goldberg Rechtsanwälte gerne jederzeit zur Verfügung.

 

© Goldberg Rechtsanwälte, Wuppertal-Solingen 2008
Rechtsanwalt Alexander Goldberg
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht)
a.goldberg@goldberg.de

 

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