Seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) müssen sich die Gerichte immer wieder damit beschäftigen, ob Stellenanzeigen aus Gründen der „Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität” benachteiligend formuliert sind. Häufig ist Streitthema, ob eine Stellenanzeige Frauen als Bewerber ausschließt.
Das LAG Köln hatte nun den umgekehrten Fall zu entscheiden.
Ein Autohaus, welches Neuwagen und Gebrauchtwagen verkauft sowie eine Werkstatt unterhält, beschäftigte im Verkauf bislang ausschließlich Mitarbeiter des männlichen Geschlechts. Anfang 2015 schaltete das Autohaus deshalb eine Stellenanzeige mit der Überschrift „Frauen an die Macht“ – mit dem Anzeigentext:
„Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin. Wenn Sie Spaß daran haben Automobile zu verkaufen und Menschen überzeugen zu können, dass wir und Sie die richtigen Partner für unsere Kunden sind, dann bewerben Sie sich bei uns. Automobilerfahrung ist Voraussetzung für diese Position. …“
Auf die Stelle bewarb sich auch der männliche Kläger, der vom Autohaus eine allgemein gefasste Absage erhielt. Eingestellt wurde schließlich eine Frau, die sich durch ihre Ausbildung und bisherige Tätigkeit ideal für die Stelle eignete.
Gegen diese Einstellung wandte sich der Kläger und machte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 8.775,00 EUR nach § 15 AGG geltend, da er bei seiner Bewerbung wegen seines männlichen Geschlechts diskriminiert worden sei.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Klage nun letztinstanzlich mit folgender Begründung ab- bzw. zurückgewiesen.
Die gezielte Suche eines Autohauses nach einer weiblichen Autoverkäuferin in einer Stellenanzeige kann nach § 8 Abs.1 AGG gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber bisher in seinem gesamten Verkaufs- und Servicebereich ausschließlich männliche Personen beschäftigt hat. Es darf unterstellt werden, dass vom Empfängerhorizont eines Teiles der Kundschaft aus das Geschlecht des Verkaufsberaters für das Gelingen der Kommunikation im Verkaufsgespräch eine nicht unwichtige Rolle spielt. So kann beim weiblichen Teil der Kundschaft gerade wegen des althergebrachten Vorurteils, wonach Technik eine Männerdomäne sei, der Eindruck bestehen, von männlichen Verkäufern leichter übervorteilt zu werden.
Auch ist in Rechnung zu stellen, dass für weibliche Kunden beim Autokauf möglicherweise andere Kriterien für die Kaufentscheidung im Vordergrund stehen als dies bei männlichen Kunden der Fall ist, so dass die weibliche Kundin das Gefühl entwickelt, von einer weiblichen Verkäuferin in ihren Bedürfnissen besser verstanden zu werden. Ein Autokauf stellt insbesondere für private Kunden regelmäßig ein wichtiges Ereignis von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite dar. Ein Autokauf gilt daher vielfach als „Vertrauenssache“, zumal der Verkäufer dem Kunden gegenüber regelmäßig über einen die Marktgegebenheiten und die Technik der Fahrzeuge betreffenden Wissensvorsprung verfügt. Bei einem Vertrauensgeschäft kommt der Persönlichkeit des für den Vertragspartner Handelnden eine gesteigerte Bedeutung zu. Die Eigenart der Persönlichkeit eines Menschen wird durch sein Geschlecht mitgeprägt.
Urteil des LAG Köln vom 18.05.2017, Az.: 7 Sa 913/16
GoldbergUllrich Rechtsanwälte 2017
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