Nutzung fremder Markennamen in der Google-Werbung

I. Einführung

Google als meistgenutzte Internetsuchmaschine hat aufgrund der vorhandenen Spitzenstellung im Suchmaschinenbereich auch eine große Bedeutung bei der Internetwerbung. Viele Unternehmen investieren daher Gelder in die Werbung bei Google. Hierbei muss der Anzeigenkunde bei Google eine Anzeige erstellen und bestimmte Keywords für seine Anzeige auswählen. Dies sind Wörter und Wörtergruppen, die sich auf das eigene Werbeangebot und das eigene Unternehmen/Produkt beziehen sollen. Bei der Buchung einer so genannten AdWords-Anzeige bei Google kann der Werbende diejenigen Keywords vorgeben, bei deren Eingabe in die Suchmaske bei Google seine AdWords-Anzeige erscheinen soll. Zudem gibt es die Option, dass bei der Eingabe von entsprechenden bzw. weitgehend passenden Keywords in der Suchmaske bei Google die gebuchte AdWords-Anzeige ebenfalls erscheint. Gibt nun ein Internetnutzer nun eines der vorgegebenen bzw. ein weitgehend passendes Keyword in die Suchmaske bei Google ein, erscheint die AdWords-Anzeige des Werbenden getrennt von den nichtkommerziellen Suchergebnissen in einem gesonderten Spaltenbereich. Diese Werbeanzeigen sind mit der Überschrift „Anzeigen” kenntlich gemacht.

II. Das Problem

Das Problem bei den Google AdWords-Werbeanzeigen ist nun, dass Firmen als Keywords häufig die Firmen- und Markennamen von konkurrierenden Unternehmen verwenden. Dies führt wiederum dazu, dass bei der Eingabe eines Suchbegriffes (z. B. Firma A wird gesucht und in die Suchmaske eingegeben) bei den Suchergebnissen bei Google plötzlich die Firma B mit einer Google-Werbeanzeige erscheint, obwohl eine andere Firma gesucht und eingegeben wurde. Da die Google-Werbeanzeigen jedoch immer vor den „normalen” Suchergebnissen erscheinen und deutlich hervorgehoben sind, kann ein Unternehmen durch Angabe bestimmter Keywords erreichen, dass bei Eingabe eines bestimmten Suchbegriffes, z. B. einer bestimmten Firma oder eines bestimmten Produktes, immer die eigene Firma und die eigenen Produkte als Werbeanzeigen erscheinen.

Zahlreiche Unternehmen versuchen daher gerichtlich zu erreichen, dass die Verwendung fremder Unternehmens- und Markennamen innerhalb der Google-Werbeanzeigen den Konkurrenzunternehmen untersagt wird. Sehr umstritten war in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Werbender auch solche Keywords in seiner AdWords-Anzeige vorgeben darf, die markenrechtlich geschützt sind.

III. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

Der BGH hat sich in drei grundlegenden Entscheidungen mit diesem Thema auseinandergesetzt.

1.      Bananabay

In dem Bananabay-Verfahren ging es um die Frage, ob die Verwendung einer geschützten Bezeichnung als Keyword in einer AdWords-Anzeige eine Markennutzung im Sinne des Markengesetzes darstellt.

Die Beklagte, eine Anbieterin von Erotikartikeln, hatte den Begriff „Bananabay” als Keyword ihrer AdWords-Anzeige vorgegeben. „Bananabay” ist allerdings für die Klägerin, die unter dieser Bezeichnung ebenfalls Erotikartikel im Internet vertreibt, als Marke geschützt. Die Beklagte nutzte also ein mit einer fremden Marke identisches Keyword in einem identischen Waren- und Dienstleistungsbereich.

Da die Bestimmungen des deutschen Rechts auf harmonisiertem europäischen Recht beruhen, setzte der Bundesgerichtshof das Verfahren aus und legte diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG-Vertrag (jetzt Art. 267 AEUV) vor.

Beschluss des BGH vom 22. Januar 2009 – I ZR 125/07 – Bananabay

Vorinstanzen:

LG Braunschweig – Urteil vom 7. März 2007 – 9 O 2382/06

OLG Braunschweig – Urteil vom 12. Juli 2007 – 2 U 24/07 – MMR 2007, 789

2.      pcb

In der pcb-Entscheidung standen sich zwei Unternehmen gegenüber, die über das Internet Leiterplatten anbieten. Für die Klägerin ist die Marke “PCB-POOL” geschützt. Der Beklagte hatte in seiner AdWords-Anzeige als Keyword die Angabe “pcb” vorgegeben und zudem die Option „weitgehend passende Keywords” gebucht. In Fachkreisen versteht man unter den Buchstaben „pcb” eine Abkürzung für “printed circuit board” (englisch für Leiterplatte). Aufgrund der Option „weitgehend passende Keywords” erschien bei Eingabe des Begriffs „PCB-POOL” in der Suchmaske bei Google in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste eine AdWords-Anzeige für Produkte des Beklagten.

Der Bundesgerichtshof stufte in diesem Fall das Handeln des Beklagten als rechtmäßig ein und wies die Klage unter Aufhebung des Berufungsurteils ab. Nach Auffassung des BGH kann der Markeninhaber in der Regel die Verwendung einer beschreibenden Angabe (hier “pcb”) auch dann nicht untersagen, wenn sie markenmäßig benutzt und dadurch die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke begründet wird. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Fall eine markenrechtlich erlaubte beschreibende Benutzung angenommen. Da eine Kennzeichenverletzung schon aus diesem Grund zu verneinen war, kam es auf die in dem Bananabay-Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegte Rechtsfrage nicht mehr an.

Urteil des BGH vom 22. Januar 2009 – I ZR 139/07 – pcb

Vorinstanzen:

LG Stuttgart – Urteil vom 13. März 2007 – 41 O 189/06  

OLG Stuttgart – Urteil vom 9. August 2007 – 2 U 23/07 – WRP 2007, 649

3.      Beta Layout

In der Beta-Layout-Entscheidung hatte der Beklagte bei Google als Keyword die Bezeichnung „Beta Layout” angegeben. Die Klägerin und Wettbewerberin des Beklagten führt die Unternehmensbezeichnung „Beta Layout GmbH”. Auch in diesem Fall erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort “Beta Layout” eingab, neben der Trefferliste ein Anzeigenblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers.

Der Bundesgerichtshof verneinte auch hier die Verletzung einer Unternehmensbezeichnung und eines entsprechenden Unterlassungsanspruchs und begründete dies damit, dass es an der für die Verletzung einer Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verletzungsgefahr fehle. Der durchschnittliche Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende und als solche gekennzeichnete AdWords-Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme.

Da der Schutz der Unternehmensbezeichnungen anders als der Markenschutz nicht auf harmonisiertem europäischem Recht beruht, kam in diesem Verfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht.

Urteil des BGH vom 22. Januar 2009 – I ZR 30/07 – Beta Layout

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf – Urteil vom 7. April 2006 – 34 O 179/05

OLG Düsseldorf – Urteil vom 23. Januar 2007 – 20 U 79/06 – WRP 2007, 440

IV. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)

1.      In welchen Fällen entscheidet der EuGH und welche Auswirkungen haben diese Entscheidungen für die nationalen Gerichte?

Art. 267 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) bestimmt, dass der Europäische Gerichtshof auf Vorlage oder Anrufung des Gerichts eines Mitgliedstaates im Wege einer sog. Vorabentscheidung über Fragen der Auslegung Europäischen Rechts entscheidet.  Soweit es sich um letztinstanzlich entscheidende Gerichte der Mitgliedstaaten, wie z. B. den Bundesgerichtshof im Bananabay-Verfahren, handelt, sind diese zur Vorlage von Auslegungsfragen an den EuGH sogar verpflichtet. Bis zur Entscheidung durch den EuGH wird das Verfahren vor dem jeweiligen nationalen Gerichten ausgesetzt.

Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens ist, dass das europäische Recht in sämtlichen Mitgliedsstaaten einheitliche Anwendung findet. Um dies zu gewährleisten sind die Entscheidungen des EuGH für die Gerichte der Mitgliedsstaaten bindend.

Im Bananabay-Verfahren musste der Bundesgerichtshof dem EuGH vorlegen, da es um Fragen der Auslegung europäischen Rechts ging. Zwar ging es in erster Linie um die Verletzung deutschen Markenrechts, doch handelt es sich bei dem deutschen Markenrecht um harmonisiertes EU-Recht, da die deutschen nationalen Regelungen auf einer europäischen Richtlinie beruhen; sie sind in sämtlichen Mitgliedsstaaten einheitlich ausgestaltet.

2.      Google und Google France

In den insgesamt drei Google France – Verfahren hatte sich der EuGH nach Vorlage des französischen Cour de Cassation mit der Haftung des Suchmaschinenbetreibers auseinanderzusetzen sowie mit der grundlegenden Frage, ob und inwieweit durch das Werbeprogramm Google AdWords  Markenrechte Dritter verletzt werden. Die wesentlichen Aussagen in Kürze:

a) Der Markeninhaber darf es einem Werbenden grundsätzlich verbieten, auf ein mit dieser Marke identisches Keyword für identische Waren oder Dienstleistungen zu werben. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der durchschnittliche Internetbenutzer durch die Gestaltung der AdWords-Anzeige nicht erkennen kann, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber oder von einem Dritten stammen und daher die Gefahr einer falschen Zuordnung besteht (Zuordnungsverwirrung muss eintreten).

b) Allein in der Schaffung der technischen Voraussetzungen für diese Art der Internetwerbung liegt noch keine Verletzung der Rechte des Markeninhabers und begründet noch keine Haftung durch Google.

c) Eine Haftung des Suchmaschinenbetreibers kommt nur dann in Betracht, wenn nach Kenntnis einer Markenrechtsverletzung die beanstandeten Anzeigeninhalte nicht unverzüglich durch Google entfernt oder der Zugang zu ihnen gesperrt werden.

EuGH, Urteil vom 23.03.2010 – Rs. C-236/08, C-237/08, C-238/09 (Google und Google France)

3.      BergSpechte

Das BergSpechte-Verfahren wurde dem EuGH vom österreichischen Obersten Gerichtshof (OGH) vorgelegt.

In seiner Entscheidung bekräftigt der EuGH seine Aussagen aus den Google-Verfahren und stellt klar, das der Markeninhaber einem Werbenden verbieten darf, anhand eines mit seiner Marke identischen oder ähnlichen Keywords für identische Waren oder Dienstleistungen zu werben. Dies soll zumindest dann gelten, wenn dem durchschnittlichen Internetnutzer durch diese Werbung eine wirtschaftliche Verbindung zwischen Markeninhaber und Drittem suggeriert wird.

EuGH, Urteil vom 25.03.2010 – Rs. C-278/08 (BergSpechte)

4.      Bananabay

Da die im Rahmen des Bananabay-Verfahrens durch den Bundesgerichtshofs vorgelegte Fragen nach Auffassung des EuGH inhaltlich weitgehend mit der Vorlage der Google-Verfahren identisch waren, verwies der EuGH durch Beschluss auf die Urteilsbegründung in Fall Google France.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass in den Fällen, in denen der durchschnittliche Internetnutzer nicht klar erkennen kann, dass die beworbenen Waren und Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber, sondern von einem Dritten stammen, eine Markenverletzung vorliegt und der Markeninhaber die Möglichkeit hat, es dem Werbenden zu verbieten, mit diesem, der Marke identischen Keyword, zu werben.

EuGH, Beschluss vom 26.03.2010 – Rs. C-91/09 (Bananabay)

5.      Portakabin

Auf Vorlage des niederländischen Hoge Raad beschäftigte sich der EuGH mit der Frage, ob Unternehmen, die Produkte des Markeninhabers verkaufen (sog. Wiederverkäufer), dessen Markenamen als Keyword verwenden dürfen.

Der EuGH bestätigt in seiner Urteilsbegründung seine Ausführungen zu Google France und ergänzte diese um konkrete Aussagen zum Wiederverkauf von Markenprodukten:

a) Eine Markenrechtsverletzung liegt vor, wenn die Anzeige des Wiederverkäufers den Anschein erweckt, dass zwischen ihm und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht.

b) Keine Markenrechtsverletzung liegt vor, wenn der Wiederverkäufer die Marke unter Hinzufügung von Begriffen wie beispielsweise „gebraucht” oder „aus zweiter Hand” benutzt.

c) Der Markenrechtsinhaber darf dem Wiederverkäufer nicht verbieten, auf den verlinkten Internetseiten Waren anderer Marken anzubieten, sofern diese das Image der Marke nicht in erheblicher Weise herabsetzen.

EuGH, Urteil vom 08.07.2010 – Rs. C-558/08 (Portakabin)

6.      Interflora

In dem Interflora -Verfahren hat der High Court of Justice of England und Wales den EuGH um Vorabentscheidung ersucht.

In diesem Verfahren geht es um Bekanntheitsschutz, d.h. um die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Inhaber einer bekannten Marke deren gezielte Verwendung als Keyword durch einen Werbenden untersagen und sich vor einer Rufausbeutung schützen kann.

Eine Entscheidung des EuGH steht noch aus, jedoch hat der Generalanwalt bereits Stellung genommen. Es sei hierbei jedoch der Hinweis erlaubt, dass der EuGH nicht gezwungen ist, der Ansicht des Generalanwalts zu folgen. Es zeigte sich jedoch in der Vergangenheit, dass der EuGH den Stellungnahmen der Generalanwälte zumeist folgt.

In seinem Schlussantrag führte der Generalanwalt aus:

a) Der Markeninhaber kann die Verwendung seiner Marke als Keyword durch einen Werbenden verbieten, wenn beim Publikum der Eindruck erweckt wird, der Werbende gehöre zum Vertriebsnetz des Markeninhabers, welches durch die Marke gekennzeichnet wird.

b) Eine Rufausbeutung setzt voraus, dass die bekannte Marke in einer Anzeige erwähnt oder dargestellt wird und dass die bekannte Marke dort entweder als Gattungsbegriff für eine Waren- oder Dienstleistungskategorie verwendet wird oder der Werbende versucht, das Image der bekannten Marke auszunutzen.

EuGH, Schlussanträge vom 24.03.2011 – Rs. C-323/09 (Interflora)

VI. Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Werbende grundsätzlich fremde Marken als Keywords verwenden kann. Durch die Gestaltung der Anzeige muss allerdings deutlich gemacht werden, dass keine wirtschaftliche Verbundenheit mit dem Markeninhaber besteht, da ansonsten eine Markenrechtsverletzung angenommen werden kann. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die Anzeige nicht so vage gehalten wird, dass ein durchschnittlicher Internetbenutzer die Anzeige fälschlicherweise dem Markeninhaber zuordnet. Werbetreibenden ist daher anzuraten, im Anzeigentext einen aufklärenden Hinweis zu platzieren, um jegliche Gefahr einer Verwechslung auszuschließen.

Wann eine für eine Markenrechtsverletzung erforderliche Zuordnungsverwirrung bei einer Google-Werbeanzeige gegeben ist, muss in jedem Einzelfall gesondert beurteilt werden. Gerne sind unsere Rechtsanwälte dazu bereit, Ihnen bei einer rechtlichen Überprüfung behilflich zu sein.

 

Goldberg Rechtsanwälte 2011

durch

Christine Thede, Rechtsreferendarin

und

Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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E-Mail: info@goldberg.de

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