Laufzeitvereinbarungen in Wärmeversorgungsverträgen

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte ein Energiedienstleistungsunternehmen. Die Beklagte schloss am 17. September 2002 einen vorformulierten Wärmelieferungsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin. In dem Vertrag ist die Geltung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vereinbart. Weiter sieht der Vertrag vor, dass der Heizraum und die Heizstation, in denen die Wärme erzeugt wird, vom Kunden gestellt und von der Beklagten für 1 €/Jahr gepachtet werden und dass der Kunde die Kosten der baulichen Instandhaltung und künftig notwendig werdende Ersatzinvestitionen zu tragen hat. Die Laufzeit des Vertrages ist mit 10 Jahren vereinbart. Die Klägerin hält diese Laufzeitvereinbarung für unwirksam und hat den Vertrag zum 31. August 2007 gekündigt. Das Amtsgericht hat der auf Feststellung der Vertragsbeendigung zum 31. August 2007 gerichteten Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Vertrag zum 31. Dezember 2007 endet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision der Wohnungseigentümergemeinschaft hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in dem Vertrag enthaltene Laufzeitvereinbarung unwirksam ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich die Zulässigkeit der zehnjährige Vertragsbindung nicht aus § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV, weil das Vertragsverhältnis nicht die Lieferung von Fernwärme zum Gegenstand hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für den gesetzlich nicht definierten Begriff Fernwärme entscheidend, dass aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Heizungsanlage Wärme geliefert wird. Das entspricht auch der Auffassung des Verordnungsgebers, der die nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV zulässige Vertragslaufzeit von bis zu 10 Jahren deswegen als gerechtfertigt ansieht, weil die Fernwärmeversorgung den Versorger zu hohen Investitionen zwingt. Hieran fehlte es im Streitfall, weil die Beklagte die der Klägerin gehörende und von dieser zu unterhaltende Anlage nur zu einem symbolischen Pachtzins von 1 €/Jahr gepachtet hat.

Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass die Laufzeitklausel nicht der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhält, da es mangels hoher Investitions- und Vorhaltekosten auf Seiten der Beklagten an einer sachlichen Rechtfertigung für die zehnjährige Vertragsbindung fehlt. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer kürzeren Laufzeit kam wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht in Betracht.

Urteil des BGH vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 262/09

Vorinstanzen:

LG Berlin – Urteil vom 29. April 2008 – 22 O 473/07;

KG Berlin – Urteil vom 1. September 2009 – 27 U 76/08;

 

Quelle: Pressemitteilung des BGH

 

Goldberg Rechtsanwälte 2011

Rechtsanwalt Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)

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