Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie beschlossen

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben im Oktober 2011 die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (RL 2011/83/EU) erlassen. Sie enthält im Wesentlichen Regelungen für den Online- und Versandhandel sowie für Haustürgeschäfte. Sie regelt aber auch die vorvertraglichen Informationspflichten für den Einkauf im “normalen” Geschäft des stationären Einzelhandels.

Am 19. Dezember 2012 hat das Bundeskabinett einen Regierungsentwurf zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie beschlossen und über den Bundesrat dem Bundestag zur Beratung zugeleitet. Der Deutsche Bundestag hat am 14. Juni 2013 das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, genauer das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, beschlossen.

Ein Hauptziel der Richtlinie ist die Stärkung des EU-Binnenmarktes. Grenzüberschreitende Vertragsschlüsse sollen einfacher möglich sein und einheitlichen Regeln unterliegen. Die Richtlinie basiert deshalb auf dem Grundsatz der Vollharmonisierung, der abweichende nationale Regelungen nicht zulässt. Die Mitgliedstaaten haben allerdings auf Grund von Bereichsausnahmen und Öffnungsklauseln die Möglichkeit, in vielen Bereichen abweichende Vorschriften mit einem anderen Verbraucherschutzniveau vorzusehen oder beizubehalten. Die neuen Regelungen treten am 13. Juni 2014 in Kraft.

Im Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung sind im Hinblick auf den Onlinehandel folgende Regelungen hervorzuheben:

Neue Widerrufsbelehrung kommt:
Da durch die gesetzliche Neuregelung ein einheitliches europäisches Widerrufsrecht mit zahlreichen Änderungen eingeführt wird, ist es auch erforderlich eine neue Widerrufsbelehrung zu verwenden.

Widerrufsfrist 14 Tage:
Die Widerrufsfrist beträgt zukünftig europaweit 14 Tage.

Das “ewige” Widerrufsrecht entfällt: 
Die Widerrufsfrist bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung beträgt zwölf Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist – d.h. in der Regel zwölf Monate und vierzehn Tage nach Erhalt der Ware. Bislang ist die Ausübung des Widerrufs bei einer fehlenden oder falschen Widerrufsbelehrung “ewig” möglich.

Internetunternehmer tragen nur noch die “einfachen” Hinsendekosten:
Im Falle des Widerrufes müssen Unternehmer nur noch die Standard-Hinsendekosten erstatten. Sofern ein Verbraucher eine besondere Versandform, wie einen Expressversand, gewünscht hat und damit Zusatzkosten entstanden sind, müssen diese zusätzlichen Kosten im Fall des Widerrufes durch den Unternehmer nicht ersetzt werden.

Verbraucher tragen die Rücksendekosten im Falle des Widerrufs:
Abweichend von der bisher geltenden deutschen Rechtslage müssen Verbraucher künftig im Fall des Widerrufs die Rücksendekosten tragen, es sei denn, der Verkäufer hat sie nicht ordnungsgemäß über die Pflicht zur Tragung der Kosten informiert oder  hat sich selbst bereit erklärt, diese zu übernehmen. Derzeit können die Rücksendekosten den Verbrauchern nur auferlegt werden, wenn der Warenwert 40,00 € nicht übersteigt. Bei einem Rücksendewert oberhalb von 40,00 Euro muss der Unternehmer derzeit die Rücksendekosten tragen. Dies wird sich nun ändern.
Bei der Rücksendung von nicht postversandfähiger Ware (Speditionsware) muss der Internethändler zukünftig jedoch in der Widerrufsbelehrung selbst über die Höhe der Rücksendekosten informieren. Dies dürfte den Internethandel vor erhebliche technische Herausforderungen stellen, da je nach Art der Ware und Lieferort die Rücksendekosten quasi dynamisch in die Widerrufsbelehrung mit aufgenommen werden müssen.

Verbraucher muss die Ware immer zurückschicken:
Ebenfalls günstig für Internethändler ist der Umstand, dass der Verbraucher die Ware immer selbst zurückschicken muss. Selbst bei Speditionsware gibt es zukünftig keine Verpflichtung mehr, dass der Internethändler die Ware beim Kunden abholen lassen muss.

Neue Ausnahmen vom Widerrufsrecht:
Er werden neue Ausnahmen beim Widerrufsrecht eingeführt. So ist zukünftig bei Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, das Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Auch bei Waren, die geliefert werden und die nach der Lieferung aufgrund ihrer Eigenart untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden besteht kein Widerrufsrecht. Gleiches gilt sofern alkoholische Getränke geliefert werden, deren Preis beim Abschluss des Kaufvertrags vereinbart wurde, deren Lieferung aber erst nach 30 Tagen erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat. Auch in diesem Fall besteht kein Widerrufsrecht.

Rückgaberecht entfällt:
Ein Rückgaberecht, d. h. die Ausübung des Verbraucherrechtes durch bloße Rücksendung der Ware, entfällt zukünftig. Dies bedeutet, dass Verbraucher künftig zusätzlich den Widerruf ausdrücklich erklären müssen, beispielsweise unter Verwendung eines Formblattes.

Feste Fristen zur Rücksendung der Ware: 
Die empfangenen Leistungen sind im Falle eines Widerrufs spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren. Der Verbraucher muss somit innerhalb von 14 Tagen nach dem Widerruf die Waren an den Unternehmer zurücksenden oder übergeben

Zurückbehaltungsrecht des Online-Unternehmers:
Wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht bei einem Verbrauchsgüterkauf ausübt, kann der Unternehmer die Rückzahlung des Kaufpreises verweigern, bis er die Waren
zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren
abzuholen.

Weitergehende Informationspflichten für Unternehmer:
Verbraucher profitieren von erweiterten Informationspflichten der Unternehmer (z.B. über Lieferbeschränkungen im Online-Handel) und von den Vorgaben, dass keine übermäßigen Entgelte für die Nutzung von Zahlungsmitteln und für Anrufe bei einer Kundendienst-Hotline verlangt werden dürfen.

Liefertermin wird Pflichtinformation:
Die Angabe eines Liefertermins wird Pflichtinformation. Noch nicht geklärt ist, ob ein konkreter, verbindlicher Liefertermin (BSP: 24.12.) genannt werden muss oder ob eine allgemeine Angabe (2 Tage) genannt werden muss.

Verbraucher müssen grundsätzlich keine voreingestellten Extras bezahlen:
Verbraucher müssen entgeltliche Nebenleistungen nicht bezahlen, wenn der Unternehmer die Bestellung der Nebenleistungen durch die Verwendung von Voreinstellungen herbeigeführt hat. Es dürfen also keine Kästchen im Onlineshop mehr “vorangeklickt” sein.

Buttonlösung:
Die sogenannte “Button-Lösung” verpflichtet Unternehmer dazu, Verbraucher bei Internetkäufen unmittelbar vor Abgabe der Bestellung und in hervorgehobener Weise auf die Kosten und andere wesentliche Vertragsinformationen hinzuweisen. Wenn der Bestellvorgang durch die Aktivierung einer Schaltfläche erfolgt, ist diese Schaltfläche gut lesbar ausschließlich mit den Worten “zahlungspflichtig bestellen” oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen. Erst nach Bestätigung der Zahlungspflicht ist der Verbraucher an den Vertrag gebunden. Durch das Gesetz zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr, das am 1. August 2012 in Kraft getreten ist, ist die Button-Lösung bereits in das nationale Recht umgesetzt worden.

Zusammenfassend kann festgehalten, dass durch die europäische Verbraucherrechterichtlinie und das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung eine Überarbeitung der Shopsysteme und der verwendeten Rechtstexte (Widerrufsbelehrung, AGB, Informationstexte) erforderlich sein wird. Da das Gesetz keine Übergangsfristen vorsieht, sind ab dem 13.06.2014 die gesetzlichen Neuregelungen einzuhalten.

Es ist mit Abmahnungen sofort nach dem Inkrafttreten der Regelungen zu rechnen.

Es empfiehlt sich daher sich zeitnah auf die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen einzustellen und alle Rechts- und Informationstexte sowie die Shopsysteme rechtzeitig auf die neue Rechtslage anzupassen.

Unsere Mandanten, die die dauerhafte und fortlaufende Überprüfung ihres Online-Handels durch unsere Fachanwälte durchführen lassen, erhalten selbstverständlich die der neuen Gesetzeslage angepassten Texte rechtzeitig. 

Für Rückfragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Goldberg Rechtsanwälte 2013
Rechtsanwalt Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
E-Mail: info@goldberg.de

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