400.000 € Streitwert für 964 rechtswidrige Filesharing-Musikdateien

Das Landgericht Köln (LG Köln) hat in einem Urteil vom 13.5.2009 – Az 28 O 889/08 – die Auffassung vertreten, dass für knapp 1000 Musikdateien ein Streitwert in Höhe von 400.000 € angemessen sei.

Das Landgericht Köln nahm weiter an, dass für eine ausgesprochene Filesharing-Abmahnung eine 1,3 Gebühr nach Nummer 2400 VV RVG gerechtfertigt sei. Hieraus resultierte wiederum, dass das Landgericht Köln den Beklagten dazu verurteilte, für die ausgesprochene Abmahnung Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5832,40 € an den Kläger zu zahlen.

Weiter stellte das LG Köln fest, dass eine Anwendung des § 97a Abs. 2 UrhG, wonach die Abmahnkosten in speziellen Fällen auf 100 € beschränkt sind, dann ausscheidet, wenn 964 Audiodateien zum Download angeboten werden. In diesem Falle fehlt es nach Auffassung des LG Köln an einer nur unerheblichen Rechtsverletzung. Diese Rechtsauffassung dürfte bei 964 Audiodateien wohl auch die überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung darstellen.

Thema: Störerhaftung

Weiter stellte das Landgericht fest, dass im Rahmen des Unterlassungsanspruches in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Rechtsverletzung hafte, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.

Die Haftung des Störers setze jedoch die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich im Einzelfall danach bestimmen, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten war. Weiter sei die Störerhaftung Dritter durch Zumutbarkeitserwägungen eingegrenzt, wobei sich die Art und der Umfang der gebotenen Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen würden. Auch die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche Rechtsverletzung so weit wie möglich verhindert werden, sind im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten.

Wenn ein Anschlussinhaber Dritten, auch und gerade Mitgliedern seines Haushaltes, innerhalb seines Haushaltes einen Computer und oder einen Internetanschluss zur Verfügung stellt und diesen Personen dadurch die Teilnahme an einer „Musik-Tauschbörse” ermöglicht, so sieht das Landgericht Köln in diesem Verhalten bereits ein Verhalten, das adäquat kausal für die Rechtsverletzung ist und daher zu einer Haftung des Anschlussinhabers führt.

Nach der Auffassung des LG Köln bietet das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte, insbesondere an minderjährige Jugendliche, die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von diesen derartige Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst nach Meinung des Landgerichts Köln daher Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen.

Nach Meinung des Landgerichts Köln reicht es auch nicht aus, wenn ein Anschlussinhaber Minderjährigen lediglich untersagt, Musik mittels Filesharingsoftware aus dem Internet herunterzuladen. Vielmehr muss ein Anschlussinhaber nach Auffassung des Landgerichts Köln weitere Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzung ergreifen. Er ist dazu verpflichtet, den weiteren Nutzern seines Internetanschlusses ein eigenes Benutzerkonto mit beschränkten Rechten einzuräumen. Auch die Einrichtung einer „Firewall”, die ein Download von Daten von Filesharingservern verhindert, ist nach Auffassung des LG Köln dem Anschlussinhaber möglich und zumutbar.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Landgericht Köln die Haftung eines Anschlussinhabers unangemessen weit ausgelegt hat. Das Landgericht Köln vertritt die Auffassung, dass die bloße Inhaberschaft eines Internetanschlusses und das bloße Überlassen dieses Anschluss an Dritte generelle Prüfungs- und Überwachungspflichten beim Anschlussinhaber auslöst. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden, da sie die Haftung des Anschlussinhabers unangemessen ausweitet. Andere Landgerichte und Oberlandesgerichte unterscheiden sich daher in der Rechtsprechung stark von der Rechtsprechung des LG Köln. Es jedoch zu beachten, dass sich ein Kläger aufgrund des so genannten „fliegenden Gerichtsstands” „aussuchen” kann, vor welchem Gericht er seine Klage erhebt.

Sollten Sie daher eine Filesharing-Abmahnung/ eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung erhalten, raten wir Ihnen, sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden. Dieser hilft ihnen unnötige Kosten zu vermeiden und leitet für Sie die notwendigen und geeigneten Schritte ein.

 

Goldberg Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Michael Ullrich, LL.M. (Informationsrecht)

Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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